Gardasee - Bergtouren

Herbst 2002 + Ergänzung 2004

Diesen Herbst beschlossen wir, das gute Süd-Herbstwetter in der Gegend um den Gardasee für einige Bergtouren zu nutzen.

Durch unser "Playmobil" von Übernachtungs- möglichkeiten unabhängig, fuhren wir wirklich "ins Blaue". Am Mittwoch Abend erst einmal nach Riva am Gardasee.

Ist schon hübsch, der See so zwischen den Bergen. Aber dass man so ein Gewese um dessen "Herrlichkeit" macht? Der Comosee ist genau so schön, man kann nur eben nicht per Autobahn (Brenner) dort hinrasen. Auf jeden Fall ist Riva uns viel zu touristisch und überlaufen, als dass wir uns dort richtig wohl fühlen könnten.

Viel besser sind dagegen die Bergwelten in der Umgebung des Sees. Dort sind weniger Leute (klar, man muss sich ja auch anstrengen, wenn man irgendwo hoch will - nix für Chicki Micki).
Die erste Adresse für "Hochwollen" ist offensichtlich die Gegend um Arco. Quasi ein riesengroßer Klettergarten. Arco selbst voll "in der Hand" der Kletterer. Und diese wiederum scheinen zum größten Teil aus Sachsen oder Thüringen zu stammen. Fast könnte man einen siebenten Band des sächsischen Kletterführers vermuten: "Massivklettern Gardaseeberge". 🙂

Wir waren allerdings diesmal mehr auf Klettersteige orientiert und stiegen zur Einstimmung als erstes auf den Sentiero de Colodri. Eine 400 Höhenmeter kurze Kraxelei, bei der nicht recht klar wird, wieso sie im Klettersteigatlas als "mittel"-schwierig eingestuft wird. Der packende Tiefblick von oben ist leider kaum per Fotoapparat zu erfassen. Aber lohnend ist der Weg allemal. Interessant waren oben auch die Erosionsspuren im Fels. Die Berge um Arco bremsten in der letzten Eiszeit einen riesigen Gletscher, der sonst wahrscheinlich Richtung Mittelmeer geschlittert wäre.

Wenn man nicht wieder abklettert, kann man auf dem Rückweg noch zum Castello di Arco wandern, vorbei an mediterraner Vegetation, wie dem "Kaugummibaum" auf dem Foto. Ich staune in Norditalien immer wieder über den schnellen Vegetationswechsel, kaum dass man ein paar Meter höher oder tiefer steigt.

Am nächsten Tag waren wir auf der seeabgewandten Bergseite in der Nähe von Avio. Wir übernachteten im Valle dei Molini an einem einsamen Rastplatz bei den Kalköfen. Dort hat man alles: eine gigantische Bergkulisse und eine klaren Bach für das eisige Morgenbad. Die Straße ist eine Sackgasse auf das Plateau hinter dem Sentiero Sega und ist deshalb kaum befahren.

Schöner als per Auto kommt man dort hoch sowieso über einen alten Maultierweg, der direkt am Rastplatz beginnt. Wir hatten das Bergbuch missverstanden und liefen deshalb am Einstieg des Klettersteiges vorbei in der Erwartung, dort am Ende der Runde anzukommen. Der konditionsfördernde Anstieg wurde oben mit einer erstaunlich sanften und weichen Landschaft belohnt. Einsam obendrein, wir trafen am ganzen Tag gerade einmal 7 Leute. Es wäre interessant zu erfahren, wie sich das Leben dort oben - ohne die Straße - früher auf diesem abgeschnittenen Hochplateau abspielte. Auf einem kleinen "Umweg" fanden wir im Wald eine historische, abgedeckte, steinerne Wasserführung (Foto), die sicher sehr mühevoll zu bauen war. Unter unseren Füßen plätscherte auch heute hörbar Wasser.

Um dem unvermeidlichen Sonntagsstau am Brenner zuvor zu kommen, planten wir am Freitag, vom Gardasee jeden Tag ein Stück nach Norden zu fahren, zuerst nach Merano. Nach kurzer abendlicher Stadtbesichtigung fanden wir einen herrlichen Übernachtungsplatz hoch oben über der erleuchteten Stadt in Hafling. An der dort einzeln stehenden Kirche gab es morgens dann ein Frühstück mit Aussicht. Eigentlich wollten wir an diesem Tag auf die Verdinser Plattenspitze steigen, das Wetter spielte aber nicht mit.

Dadurch kam es dann, dass wir am Jaufenpass einen ersten Test der Schneeausrüstung (Grödel und Gamaschen) unternahmen. Ganz auf die Jaufenspitze kamen wir zwar nicht, aber der Kontrast zwischen Spätsommer am Gardasee und Schneetreiben dort war uns eine angenehme Abwechslung.

Den Brenner "umfuhren" wir auf der Landstraße, was sich auch nicht als die optimale Alternative erwies. Vielleicht gibt es dafür aber auch keine "Lösung"?

Es regnete buchstäblich in Strömen, wir hofften auf Besserung nach der Übernachtung am Achensee, diese Hoffnung wurde aber enttäuscht. Also Sonntag ohne Berg, aber die ganze Tour war ein schönes Erlebnis und in den Bergen um den Gardasee waren wir sicher nicht zum letzten Mal.

Ergänzung 2004:

Nach unserer Wildwassertour durch die Imster Schlucht fuhren wir zum einsamen Kirchlein Madonna delle Neve, wo man prima im Auto übernachten kann (mit fließend kaltem Wasser).

Am nächsten Morgen nahmen wir den Klettersteig "Sentiero attrezzato Gerardo Sega" - diesmal in der vorgesehenen Richtung 🙂 - in Angriff:
Man steigt auf einfachen Wegen ein Stück talwärts, geht an einem beeindruckenden Wasserfall und endlosen Bärlauchstauden vorbei und kommt dann zum Einstieg in den Klettersteig.

Von unten ist es unvorstellbar, dass dort oben in der Wand irgendwo ein Weg langgeht (auf einem Foto ist der Steig markiert, auf den anderen Fotos sieht man bei genauem Hinsehen kleine Klettersteigler in der Wand). Der Klettersteig hat es schon in sich, er sieht aber gefährlicher aus, als er ist. Schwierig wird er erst im oberen Teil.

Diese abwechslungsreiche Wander- und Klettersteigrunde bekommt von uns glatte *****.